Förderung demokratischer Haltungen und Prävention von Menschenfeindlichkeit
Im biographisch-narrativen Ansatz von Forschung und pädagogischer Arbeit geht es darum, mit einer zurückhaltenden, zuhörenden und fragenden Haltung das individuelle Erzählen über eigene Erfahrungen anzuregen. Durch narratives Nachfragen und Bestärkung werden die Teilnehmenden ermuntert, das eigene Erlebte möglichst detailliert, emotional beteiligt, in ihrem Tempo und in eigener Logik zu schildern. Warum-Fragen werden nach Möglichkeit vermieden, da sie in aller Regel keine persönlichen Erfahrungen hervorrufen, sondern Erklärungen und Theorien ergeben.
Erzählen – und Zuhören – fördert die sozialen und emotionalen Kompetenzen. Denn zum einen kann es hilfreich und entlastend sein, von schwierigen Erfahrungen zu erzählen; und es verbindet uns mit anderen. Zum anderen erkennen Menschen in der detaillierten Erzählung immer wieder auch die innere Vielfalt in ihrem Erleben sowie mögliche neue Perspektiven im Denken. Gerade in der Prävention von menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Haltungen und in der Distanzierung von gewaltbereitem Extremismus kommt es zudem erfahrungsgemäß weniger auf Lernen durch logische Einsicht oder historisch-politische Aufklärung an, sondern auf das (Nach)Erleben und Realisieren der eigenen biografischen Erfahrungen. Deshalb eignet sich der narrative Ansatz besonders für die Arbeit mit Personen oder Gruppen, die für klassische Angebote der politischen Bildung wenig ansprechbar sind – weil sie nicht (mehr) gewohnt sind, andere Ansichten anzuerkennen, weil sie als Verschwörungsideolog*innen grundsätzlich allen sachlichen Argumenten mit Misstrauen, Abwehr oder Hohn begegnen oder weil sie sich von Bildungsangeboten per se indoktriniert fühlen.
Narrative Gesprächsgruppen an Schulen
Cultures Interactive arbeitet mit diesem Ansatz insbesondere in den Narrativen Gesprächsgruppen, die über ein bis zwei Halbjahre hinweg an Schulen stattfinden. Schüler*innen werden darin ermutigt und befähigt, miteinander zu reden und von ihren persönlichen Lebenserfahrungen zu erzählen, eigene Ansichten begreiflich zu machen, ein engagiertes Gespräch zu führen – und sich gegenseitig zuzuhören. Dabei werden sie in ihrem individuellen Erleben wahrgenommen und lernen, aufrichtig miteinander und gegenüber sich selbst zu sein, mit eigenen Gefühlen und Unsicherheiten konstruktiv umzugehen und Meinungsverschiedenheiten frei von Abwertung und Hass zu verhandeln.
Die außerschulischen Leiter*innen bieten in den Gesprächsgruppen einen vertraulichen sowie themen- und prozessoffenen Rahmen, in dem die Jugendlichen von eigenen Erfahrungen, Anliegen und Wünschen erzählen und miteinander in Beziehung treten. Die Inhalte der Gespräche ergeben sich aus dem eigenständigen Miteinander der Schüler*innen in der Gruppe. Dabei kommen sie meist sehr schnell auch auf die zentralen gesellschaftlichen (Er)Lebensbereiche und Themen zu sprechen – und zwar nicht abstrakt, sondern auf Grundlage ihrer persönlichen Erfahrungen, die sie selbst in Sachen Respekt, Gehört-werden, Gleichberechtigung, Anderssein, Konflikt wie auch mit Mobbing, Hass und Aggression gemacht haben. Davon abgesehen ist die grundlegende Fähigkeit zum wechselseitigen Gespräch – auch in schwierigen Konstellationen und anstrengenden Situationen – die Essenz einer lebendigen Gesellschaft, ohne die Demokratie nicht haltbar ist.
Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Die Gesprächsgruppen können über ein bis zwei Schulhalbjahre in einer Einzel- oder Doppelstunde pro Woche im Regelunterricht oder als AG angeboten werden. Sie richten sich an Schüler*innen ab der 7. Klasse.
Wenn Sie mehr über die Narrativen Gesprächsgruppen und den Narrativen Ansatz erfahren möchten, wenden Sie sich an Dr. Harald Weilnböck, weilnboeck@cultures-interactive.de.