Narrative Gesprächsgruppen® an Schulen im ländlichen und kleinstädtischem Raum

Aufgeschlossen für Neues und weltoffen zu sein, sich menschlich und solidarisch gegenüber anderen zu verhalten und ein gutes Miteinander herzustellen – das ist Schüler*innen seit jeher nicht immer leicht gefallen. Auch die Fähigkeiten, in einer Gruppe ein offenes Gespräch zu führen, dabei persönliche Haltungen ehrlich zu teilen, sich aufmerksamen zuzuhören, vertrauensvoll nachzufragen und sich aktiv vor Ort zu engagieren, müssen stets neu erlernt werden. Um die Schulen bei der Umsetzung dieser wichtigen Aufgaben der Demokratiepädagogik, Konfliktbearbeitung und Gesprächserziehung zu unterstützen, hat Cultures Interactive die Narrativen Gesprächsgruppen® entwickelt. Sie werden als neues Verfahren der ganzheitlichen bzw. intensivpädagogischen politischen Bildung besonders im ländlichen Raum angeboten.

Ganzheitliche politische Bildung, die Inhalte und Emotionen verknüpft

Die Notwendigkeit dessen wird durch die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung unterstrichen. Menschenfeindliche und antidemokratische Haltungen sowie populistische Positionen, die emotional vorgebracht werden und sich einer rationalen Auseinandersetzung entziehen, bestimmen immer mehr den Ton – und dies findet auch in Schulklassen seinen Widerhall. In strukturschwachen Regionen wird dies häufig noch durch die Wahrnehmung verstärkt, „abgehängt“ zu sein und von Politik und Medien nicht gehört zu werden. Umso mehr müssen neue Räume des Dialogs geschaffen und die Fähigkeit zur wohlmeinenden Auseinandersetzung und zwischenmenschlichen Begegnung gefördert werden.

Demokratische Verständigung und nachhaltige Konfliktbearbeitung an Schulen

Das Angebot der Narrativen Gesprächsgruppen® richtet sich gezielt an Schulen, weil diese nach wie vor ein wichtiger Sozialisations- und Begegnungsort für junge Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Ansichten sind. Zudem suchen Schulen oft nach hilfreicher Ergänzung von außen, um bei allen Herausforderungen durch Fachlehrpläne und enge Rahmenbedingungen auch zu einem wirksamen Lernfeld für Erfahrungen der demokratischen Verständigung und nachhaltigen Konfliktbearbeitung werden zu können.

Die Narrativen Gesprächsgruppen® unterstützen dies effektiv, indem sie als Teil des Regelunterrichts einen geschützten Raum für offene Aussprache, vertrauensvollen Dialog und gelebte Demokratie schaffen. Methodisch knüpfen sie an bewährte Prinzipien der narrativen Gesprächsführung und Gruppenselbsterfahrung an, wie sie aus der Jugendhilfe und Sozialtherapie bekannt sind. Schulexterne Gruppenleiter*innen bieten einen themenoffenen, selbstbestimmten Rahmen, in dem die Jugendlichen über ihre Erfahrungen und Interessen erzählen und miteinander in Beziehung treten können. Chronische Spannungen und verhärtete Debatten rücken damit in den Hintergrund. Denn im narrativ-lebensweltlichen Erzählen erschließen sich die individuellen Erlebnisse, die hinter Meinungen und Ressentiments liegen. Erzählend-reflexiv vergewissern sich die Jugendlichen demokratischer Haltungen und lösen menschenfeindliche Affekte auf. Dadurch findet eine intensivpädagogische politische Bildung statt, die Inhalte und Emotionen miteinander verknüpft.

Soziale Kompetenz erwerben und Selbstwirksamkeit erleben

Die Erfahrung zeigt: In den Gesprächsgruppen finden die Schüler*innen rasch zu ihren persönlichen Anliegen und bearbeiten die Spannungen ihrer jeweilige Klassendynamik. Hierbei bewegen sie sich aber stets auch intuitiv auf zentrale gesellschaftliche Themen zu – (Un)Gerechtigkeit, Mobbing, Gewalt, Menschenfeindlichkeit, Geschlechterrollen, Freundschaft, Familie, Teilhabe – die auch Gegenstand von Fachlehrplänen sind. In den Gesprächsgruppen erschließen die Schüler*innen diese Themen aber aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz und Antrieb – und füllen sie so unmittelbar mit Leben aus. Es ereignet sich ganzheitliche und intensivpädagogische politische Bildung und Demokratiepädagogik.

Vorurteilen und Menschenfeindlichkeit begegnen

Die Gruppen ermutigen und befähigen die Schüler*innen, über persönliche Erlebnisse zu erzählen, eigene Ansichten begreiflich zu machen, ein engagiertes Gespräch zu führen und sich gegenseitig zuzuhören. Dabei werden sie mit ihren Erfahrungen wahrgenommen und lernen, aufrichtig miteinander und gegenüber sich selbst zu sein, mit den eigenen Gefühlen und Unsicherheiten konstruktiv umzugehen – und Meinungsverschiedenheiten frei von Abwertung und Hass zu verhandeln.

Die Inhalte der Gruppengespräche setzen die Schüler*innen eigenständig. Dabei kommen sie ganz selbstverständlich auf Fragen des sozialen Miteinanders und auf aktuelle gesellschaftspolitische Themen zu sprechen – und zwar auf Grundlage von persönlichen Erfahrungen, die sie selbst in Sachen Respekt, gehört werden, Gleichberechtigung, Vielfalt, Vorurteile und Anderssein gemacht haben. So wird die demokratische Grundhaltung der Schüler*innen gestärkt und menschenfeindlichen Haltungen vorgebeugt – sowohl auf inhaltlicher als auch emotionaler Ebene.

Zielgruppe

Vor allem Schüler*innen ab der 7. Klasse, auch Grundstufe

Projektinformationen

Projektzeitraum
Das Projekt wird seit 2019 mit wechselnden Förderungen in wechselnden, regional begrenzten Kontexten, aktuell vor allem in Sachsen-Anhalt, bis 2025 weiterbetrieben.

Ansprechpartner
Dr. Harald Weilnböck
weilnboeck@cultures-interactive.de

Webinar 'Stop Hatred by Dialogue'

Artikel

‘Democracy means people successfully speaking and listening to each other' – Dr Harald Weilnböck on a ‘narrative dialogue group work’ approach to understanding and fostering political communication in divisive times”

Harald Weilnböck: Narrative Group Work in Schools® – an OppAttune method of enhancing social dialogue and diminishing non-conducive oppositional action.

Harald Weilnböck: Von der Holocaust-Leugnung zum persönlichen Familientableau – Kleine Verlaufsvignette zu zwei Sitzungen von Narrativen Gesprächsgruppen an Schulen.

Harald Weilnböck: From Holocaust-Denial to a Personal Family Tableau: „Narrative Group Work”.

Christopher Fritzsche; Harald Weilnböck: Narrative Gesprächsgruppen an Schulen – inklusive politische Bildung und Prävention von Rechtspopulismus. In: Inklusive Bildung und Rechtspopulismus. Grundlagen, Analysen und Handlungsmöglichkeiten. Beltz 2023.

Harald Weilnböck: Sieben Thesen zur Notwendigkeit intensivpädagogischer politischer Jugendbildung. Themenpapier für die Tagung "Nur noch kurz die politische Bildung retten ...!?" im Haus am Maiberg 2022.

Harald Weilnböck: Narrative Gesprächsgruppen – Eine Methode der intensivpädagogischen politischen Jugendbildung.

Jen Pahmeyer; Harald Weilnböck: Narratives Arbeiten als pädagogische Methode.

Oliver Kossack; Niklas Vögeding; Harald Weilnböck et al.: Evaluation der Narrativen Gesprächsgruppen.

Harald Weilnböck: Rekonstruktive Fallbeschreibung des Verlaufs der Gruppensitzungen der „Alpha“-Gruppe – Phänomene und Bearbeitung von Herrschafts- und Verhinderungsdynamiken sowie von Rechtsextremismus unter Schüler*innen einer neunten Klasse.

Harald Weilnböck: „Mediative Aussprachegruppen“ bei klassenübergreifenden, gruppenbezogenen Konflikten – im Kontext des Projekts „Narrative Gesprächsgruppen“.

Harald Weilnböck: Intensivpädagogische politische Bildung – Narrative Gesprächsgruppen an Schulen im ländlichen und kleinstädtischen Raum. Ergebnisse der qualitativen Selbstevaluation von Gesprächsgruppen im Jahr 2019.

Silke Baer; Harald Weilnböck: Wirksame ‚Deradikalisierung‘: Zur Methodik von ‚Time-Out-Gespräch‘ und ‚Wir-unter-uns-Gruppe‘ – und der Faktor der Kultur in der Arbeit mit rechtsaffinen Jugendlichen.