Schwerpunkte

Die inhaltlichen Schwerpunkte unserer Arbeit

Gender

Die Genderperspektive ist seit der Vereinsgründung maßgeblich für die Arbeit von cultures interactive e.V. Dazu gehört die Reflexion darüber, wie Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit in verschiedenen Jugendkulturen repräsentiert und gelebt werden, ebenso wie eine selbstkritische Analyse der Dominanz von Männern* in den meisten Jugendkulturen oder der Abwertung sogenannter „female cultures“ als unauthentisch und kommerziell. In unseren präventiv-pädagogischen Workshops greifen wir solche Fragen für die jeweiligen Jugendkulturen auf und gleichen sie mit dem regionalen „Doing Gender“ bestimmter Jugendkulturen ab. Dabei gilt es immer wieder auch, sexistische und homofeindliche Haltungen unter Jugendlichen zu hinterfragen und zu irritieren. Die von uns entwickelten genderreflektierenden bzw. geschlechtsspezifischen Zugänge für die Jugendkulturarbeit sind auch Teil unserer Train-the-trainer-Qualifizierungen.

Zudem bietet cultures interactive e.V. geschlechtsspezifische Angebote an: In „Girl-Power“-Workshops gehen wir auf die Interessen von jungen Frauen* ein oder fördern die Teilhabe von Mädchen* in „Jungsdomänen“ wie Skateboarding oder Rap. Durch den lebensweltlichen Zugang unserer Angebote werden Themen des Zusammenlebens, von Sexualität und unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten auch häufig durch die Jugendlichen eingebracht.

Außerdem interessiert uns, welche Rolle Genderaspekte in Rechtsextremismus oder religiösem Fundamentalismus spielen. In dem EU-geförderten Projekt WomEx - Women and Gender in Extremism konnten wir uns systematisch der Frage widmen, welche Geschlechterrollen diese Szenen anbieten und welche Konsequenzen sich daraus für die genderreflektierte Präventions- und Interventionsarbeit ableiten.

Inklusion

In inklusiven Jugendkulturworkshops schaffen wir Räume, in denen verschiedene Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen möglichst frei zum Ausdruck gebracht werden können. Die zum Vorschein kommenden Übereinstimmungen und Widersprüche werden in niedrigschwelligen Gruppenaktivitäten spielerisch verarbeitet. So entsteht eine inklusive Dynamik, in der sich die Beteiligten wechselseitig empowern und weiterentwickeln können. Dabei geht es nicht nur um die Beseitigung von spezifischen Barrieren für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung und Menschen mit Lernschwierigkeiten. Stattdessen haben wir das Ideal einer inklusiven Gesellschaft vor Augen, in der alle sozialen Barrieren überwunden werden können, unabhängig davon, ob sie mit gesellschaftlich gesetzten Bedingungen aufgrund von Gender, der Familiengeschichte, der Klassenverhältnisse und/oder einer Behinderung verknüpft sind.

Im Rahmen der durch Aktion Mensch geförderten Projekt IN_Cultures und In*Berlin konnten wir die Zugänglichkeit unserer Workshopangebote für Jugendliche mit verschiedenen Bedürfnissen weitergehend verbessern. Zugleich konnten wir so inklusive Peer-Learning-Prozesse in der offenen Jugendarbeit anstoßen, in denen die beteiligten Jugendlichen gemeinsame Perspektiven in Jugendkulturen entdeckten. Einige von ihnen wirken nun als Vorbilder der Inklusion in ihrem sozialen Umfeld.

Intervention und Prävention bei Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und rechtsextremen Gefährdungslagen

Politische Bildung verstehen wir als Handlungsfeld, dessen Themen sich quer durch gesellschaftliche Milieus und Zielgruppen ziehen. Orientiert am Anti-Bias-Ansatz ist dabei ein zentrales Ziel die Reflexion von Einstellungen und Handlungen, die andere Menschengruppen einschränken oder abwerten. Prävention und Intervention gehen hier Hand in Hand. Die Mitarbeiter*innen von cultures interactive e.V. sind mit dieser Aufgabe in unterschiedlichen Settings konfrontiert: im Rahmen von kurzzeitpädagogischen (Schul-)Projekttagen oder längeren Workshopformaten (beispielsweise in Offener Jugendarbeit oder (teil)stationären Einrichtungen) sowie in intensivpädagogischen Sozialtrainings mit rechtsextrem-gefährdeten Jugendlichen wie im Projekt DisTanZ. Mit unserer Fachstelle Rechtsextremismusprävention möchten wir zudem Jugendsozialarbeiter*innen, Multiplikator*innen und Studierende der Sozialen Arbeit im Umgang mit menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Haltungen stärken.

Grundlagen der pädagogischen Intervention

Aus unserer Arbeit mit Jugendlichen wissen wir, dass eine politische Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen über Formen des argumentativen Nachfragens hinausgehen und tiefer ergründen muss, welche Funktionen hinter diesen Einstellungen liegen. Mit dem Modus der narrativen Gesprächsführung‘, verbunden mit kritischer Zugewandtheit, können Jugendliche auf der lebensweltlichen und persönlichen Ebene erreicht werden. Hilfreich für eine solche intensivpädagogische Arbeit ist es weiter, systemisch-lösungsorientierte Methoden einzubauen. Das zeigt auch unsere Arbeit im Projekt DisTanZ und in den Narrativen Gesprächsgruppen.

Themen der Auseinandersetzung mit den Jugendlichen sind dann die biografische Reflexion, Gespräche über Selbstbilder und Fremdbilder, Attribuierungsprozessen, Erwartungshaltungen und Druckmechanismen (insbesondere auf Genderrollen) sowie die Reflexion des Umgangs mit Konflikten und eigenen Bedürfnissen. Ein besonderes Augenmerk wird auf Wünsche nach Erfahrungen von Anerkennung, Gruppenzugehörigkeit, Freundschaft, Partnerschaft, Selbstwirksamkeit, sinnliches Erleben und Sinnstiftung gelegt. Durch jugendkulturelle Angebote und lebensweltorientiertes Arbeiten können so Möglichkeiten zur Selbstwirksamkeitsstärkung angestoßen werden. Darüber hinaus können auch Reflexionsprozesse, Verantwortungsübergabe und Impulse in den Systemen von Familie, Schule, Arbeitsstelle und Kommune angestoßen werden.

Flucht und Asyl

Seit 2014 arbeitet cultures interactive e.V. vermehrt mit geflüchteten Jugendlichen, meist in heterogenen Gruppen an Schulen oder in Jugendeinrichtungen. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zu einer offenen und inklusiven Gesellschaft zu leisten und Vorurteile abzubauen. Wichtig ist uns dabei, Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, basierend auf ihren (gemeinsamen) Interessen aufeinander zuzugehen und voneinander zu lernen, um anschließend gemeinsam für ihre Interessen einzutreten. 

Da Jugendkulturen noch nie an Landesgrenzen Halt gemacht haben, hat sich der zivilgesellschaftliche Jugendkulturansatz auch in diesem Arbeitsfeld bewährt. Jugendkulturen spielen weltweit eine wichtige Rolle und tragen häufig antirassistische und interkulturelle Bezüge. Für die Projekte mit geflüchteten und nicht-geflüchteten Jugendlichen haben wir deshalb spezielle jugendkulturelle Zugänge und Methoden entwickelt, die das grenzüberschreitende Potenzial von Jugendkulturen nutzen. So können wir auch in heterogenen und vielsprachigen Gruppen an die Lebensrealitäten der Jugendlichen anknüpfen und verschiedenen Perspektiven gerecht werden. Die Arbeit mit geflüchteten und nicht geflüchteten Jugendlichen war Schwerpunkt in mehreren Projekten, darunter unter anderem Mixfaktor, Spot on, girls! und Fair*in.